ZahnVital

Craniomandibuläre Dysfunktionen (CMD)

Allein die Aufklärung über Ursachen der Beschwerden ist für viele Patienten hilfreich. Sie können dann beruhigt sein, das keine bösartige Erkrankung vorliegt und dass gute Möglichkeiten der erfolgreichen Behandlung bestehen.
Dr. Matthias Schrittlocher
Inhaber & Zahnarzt
Begriff Der Begriff „craniomandibuläre Dysfunktionen (CMD)“ umfasst eine Reihe klinischer Symptome der Kaumuskulatur und/oder des Kiefergelenks sowie der dazugehörenden Strukturen im Mund- und Kopfbereich. Der Begriff Myoarthropathie sowie die englischsprachigen Ausdrücke „Temporomandibular Disorders“ (TMDs) und „Craniomandibular Disorders“ (CMD) entsprechen im Wesentlichen der oben genannten Bezeichnung. Leitsymptome Leitsymptome craniomandibulärer Dysfunktionen sind Schmerzen und Funktionseinschränkungen des Kauorgans. 
Schmerzen treten in der Kaumuskulatur, im Bereich vor den Ohren (präaurikulär) und/oder im Bereich der Kiefergelenke auf. Oft werden diese Beschwerden durch Kauen oder andere Unterkieferbewegungen verschlimmert.

Funktionsstörungen zeigen sich in Einschränkungen und Asymmetrien der Unterkieferbewegungen sowie Kiefergelenkgeräuschen wie Knacken und/oder Reiben. Begleitsymptome können Kieferschmerzen, Zahnschmerzen und Ohrenschmerzen sowie vor allem Kopf- und Gesichtsschmerzen sein.

Weitere häufige Symptome sind starke Ausprägung (Hypertrophie) der Kaumuskulatur sowie übermäßige Abnutzungserscheinungen der Zahnhartsubstanzen infolge von Kieferpressen und Zähneknirschen (Bruxismus). Vor allem bei akuten Beschwerden berichten die Betroffenen, dass ihre Zähne nicht mehr richtig aufeinander passen.

© 2013 Lange, Ahlers und Ottl

Aufklärung über die Zusammenhänge

Allein die Aufklärung über Ursachen der Beschwerden ist für viele Patienten sehr hilfreich. Die Tatsache, dass keine bösartige Erkrankung vorliegt und dass gute Möglichkeiten der erfolgreichen Behandlung bestehen, beruhigt die Patienten in den meisten Fällen. Voraussetzung hierfür ist in der Regel eine gründliche Untersuchung und eine (zahn)ärztliche Einschätzung, die auf einer soliden Diagnostik beruht.

Medikamente

Medikamente können bei akuten Schmerzen eine Linderung erzielen und die funktionstherapeutische Behandlung wirksam unterstützen.
Medikamente ersetzen aber nicht die sorgfältige Ermittlung der Ursache für die Beschwerden. Überlassen Sie die Auswahl des geeigneten Präparates und der entsprechenden Dosierung und Dauer der Behandlung Ihrem Zahnarzt/Arzt, da Medikamente in der Regel Nebenwirkungen aufweisen.


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Schienentherapie

Ein sehr wirkungsvolles Mittel zur Behandlung von CMD sind sogenannte Okklusionsschienen. Sie schützen die Zähne dauerhaft vor weiterer Abnutzung. Zudem „stören“ sie kurzzeitig die Kaumuskulatur beim Pressen/Knirschen und können so helfen, Verspannungen in der Kaumuskulatur zu lösen.

Okklusionsschienen ohne adjustierte Kaufläche sind in der Regel nur für eine kurzfristige Behandlung vorgesehen.
Okklusionsschienen mit adjustierter Kauflächengestaltung berücksichtigen die Lage des Unterkiefers im Zusammenspiel von Kaumuskulatur und Kiefergelenken und sind aufwändig in der Fertigung. Zur Herstellung im Artikulator werden Lage und Bewegungen des Unterkiefers und der Kiefergelenke mit speziellen Registraten oder auch elektronischen Registriermethoden aufgezeichnet.
Sie wirken Verspannungen in der Kaumuskulatur entgegen und können eine zeitweise oder andauernde Reduzierung der Knirschaktivität erreichen. Eine derartige Schiene kann auch die Belastung der Kiefergelenke reduzieren.

In der Regel wird die Schiene nachts getragen. In bestimmten Fällen muss die Schiene auch tagsüber eingegliedert bleiben. Da sich die Lage des Unterkiefers während der Behandlung verändern kann, muss sie sorgfältig eingeschliffen („adjustiert“) und regelmäßig kontrolliert und ggf. angepasst werden. Die korrekten Zahnkontakte, die mit der Okklusionsschiene eingestellte Kieferposition und der Heilungsverlauf werden dabei durch den Zahnarzt überprüft.

Physiotherapie

Bei der initialen Behandlung craniomandibulärer Dysfunktionen können physiotherapeutische Maßnahmen oft eine sehr gute Hilfe leisten. In Zusammenarbeit mit Physiotherapeuten können schmerzhafte Erkrankungen der Kaumuskulatur und/oder des Kiefergelenkes erfolgreich behandelt werden. Außerdem können Physiotherapeuten Übungen, z. B. zur Koordination der Mundöffnungsbewegung, mit den Patienten einstudieren. Weiterhin ist die Anwendung kälte- und wärmetherapeutischer Maßnahmen (s. u.) möglich.

Zur Erzielung eines optimalen Behandlungserfolges sollten sich Zahnarzt und Physiotherapeut über die einzuleitenden Maßnahmen abstimmen. Von besonderem Vorteil kann es sein, wenn der Physiotherapeut spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet der Behandlung von CMD erworben hat. Auch auf Techniken aus der Manualtherapie können die Physiotherapeuten zurückgreifen.

Physiotherapie kann von Zahnärzten rezeptiert werden. Bei gesetzlich Krankenversicherten geschieht das je nach Bundesland über eine Heilverordnung oder über ein Rezept. Neben der Art und Anzahl der Anwendungen muss eine Verdachtsdiagnose vermerkt werden.


Definitive irreversible Therapie

Irreversible invasive Behandlungsformen (z. B. Fertigung/Eingliederung von Zahnersatz, mund-, kiefer-, gesichtschirurgische Eingriffe) sollten nur zum Einsatz kommen, wenn mit reversiblen Behandlungsmitteln erfolgreich das dysfunktionelle Geschehen vorbehandelt werden konnte und anschließend beispielsweise ein Verlust von Zahnhartsubstanzen durch Bruxismus oder eine veränderte Kieferposition auszugleichen ist.

Behandlung von Bruxismus

Mit Okklusionsschienen können Überlastungen einzelner Zähne abgemildert und Substanzschäden an den Zähnen verhindert werden. 
„Harte“ Okklusionsschienen mit individualisiertem Aufbiss werden für die Behandlung bei Bruxismus empfohlen, sie können die Intensität des Bruxismus um bis ca. 50 % absenken. Kognitive Verhaltenstherapie, Selbstbeobachtung, Biofeedback und Entspannungsübungen können ebenfalls zur Reduzierung der Beschwerden beitragen.
Zahnersatz sollte so angefertigt werden, dass beim Knirschen keine punktuell übermäßigen Kräfte wirken können. Gegebenenfalls müssen aufgrund der Frakturgefahr Art und Umfang keramischer Werkstoffe bei der Erstellung von Zahnersatz individuell, der Situation entsprechend, ausgewählt werden.

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